STROM Ensemble der Autoren

 

Am Anfang der Kette steht der Signalgeber: Saxofon und elektrische Gitarre - meist mit einem einzigen, isolierten akustischen Zeichen. Dieses wird auf die Reise durch die Stromkreise geschickt. Die spieltechnische Verfremdung reagiert mit der elektronischen; der Klang erhält ein neues Aggregat (bei der Reaktion wird Hitze frei!). Durch Loops, Samples und verschiedene Arten von Delays und Hall verselbstständigt sich das Signal derart, dass es schließlich nur noch schwer auf die anfänglichen Instrumentalklänge zurückzuführen ist. Vom Instrument losgelöst, lässt sich der Klang unendlich weiterverarbeiten. Dieser in seiner Grundstruktur einfache Vorgang bietet enorme Möglichkeiten in seiner spezifischen Ausdifferenzierung. Entscheidend für die Dynamik einer Aufführung von STROM ist die Distanz! Der Ausführende erhält Abstand zu dem von ihm produzierten Getön - er kann zurückblicken. Im Gegensatz hierzu ist beim Interpretieren von Kompositionen oder auch beim Improvisieren keine Zeit für Vergangenes, denn der Ausführende ist unmittelbar am Klang beteiligt und bezieht das gegenwärtig Produzierte auf die Zukunft. Nun aber erobert die konzertante Aufführungspraxis die Vergangenheit. Das ist eine Ausgangsituation, in der sich sonst nur noch der DJ befindet. Doch während dieser ein Fremdsignal editiert und es zu seiner eigenen Aussage verfremdet, muss bei STROM die Umwandlung vom Eigen- zum Fremdsignal mitbedacht werden. Paradoxerweise führt der Vorbehalt, der Abstand zwischen Klingendem und Klangproduktion innerhalb der Aufführung zur Verschmelzung von zwei bisher streng getrennten Berufsgruppen: Interpret und Komponist. So sehr war ein Ausführender noch nie befähigt, aus der Zeit herauszutreten, zu überblicken, Vorausgegangenes mit Gegenwärtigem und Zukünftigem abzustimmen - eine Aufgabe, die traditionell dem Komponisten zufällt. STROM ist keine freie Improvisation - dafür wurde zuviel geprobt, programmiert und abgestimmt - es ist ein kompositorisches Konzept, das den Autoren als Interpreten, als Verwalter seines eigenen musikalischen Gedankens mit einbezieht.

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